Ein digitaler Häuserfriedhof

Archäologische Hausrekonstruktionen sind vergänglich. Wie man damit umgeht, wurde im Fach nie grundsätzlich diskutiert. Freilichtmuseen nutzen - wenn überhaupt - ihre Altbauten für "Verfallsexperimente" - oder brennen sie ab und graben die Reste anschließend wieder aus. Solche Aktionen haben häufig einen überschaubaren fachlichen Nährwert. Was aber, wenn das Haus selbst ein Stück Forschungsgeschichte ist? Beispielsweise unser 1979 errichtetes Rössener Haus? Es war der erste steinzeitliche Hausrekonstruktionsversuch in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Das Gebäude ist dort, wo die Pfosten im Sand stehen, bald nicht mehr betriebssicher und muss in spätestens drei Jahren abgerissen werden. Was also tun, wenn ein Haus stirbt?

Wir versuchen, den unwiederbringbar verlorenen Bau in einer Art digitalem Häuserfriedhof zu konservieren. Dank der Förderung durch das Programm "Neustart Kultur" der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien konnte eine fein skalierte fotogrammetrische Dokumentation des Langhauses erstellt werden. Umgesetzt wurde das Projekt durch die Firma "Archäologie am Hellweg". Mit Laserscanner und Digitalkamera ausgerüstet haben Martin Heßling und Sebastian Luke das Rössenhaus in die virtuelle Welt übertragen. Dank der modernen Technik wurde das Gebäude millimetergenau gescannt. Bei einem virtuellen Rundgang durch das Haus kann man einzelne architektonische Elemente genauer untersuchen oder den Eindruck des schlauchförmigen Innenraumes mit einem strahlend hellen Eingang auf sich wirken lassen.

Das archäologische Vorbild des Rössener Hauses stammte aus dem Rheinischen Braunkohlerevier, aus Inden. Mit 29 Metern Länge ist das Haus noch ein Zwerg, aber dennoch beeindruckend. Für den Freilichtmuseumsforscher Claus Ahrens war es ein typischer Vertreter der "rustikalen Phase" der Rekonstruktion in den 1970er und 1980er-Jahren.
Vermittlungstechnisch ist das Modell gerade wegen seiner Schlichtheit interessant, da es kein Lebensbild liefert, sondern sich auf die Konstruktion konzentriert. Wenn man sich auf einen Standard einigt, wären digitale Häuserfriedhöfe eine interessante "Konservierungsmethode" für die bald in größerer Zahl anfallenden abgängigen Hausrekonstruktionen. Dokumentationen auf vergleichbarem Level hätten darüber hinaus Potential für die Forschung.

Wir haben einen Account auf Sketchfab erstellt und das Modell dort für Alle zugänglich hochgeladen. Wenn Sie auf das Bild klicken, gelangen Sie sofort auf die Seite.

Kommentare

Keine Kommentare

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder müssen ausgefüllt werden