Barbaren – Suche Umhang, Biete Wolf (II)

Bevor wir zum großen Hammer der Serie kommen, widmen wir uns den kleinen Dingen, die es an der Serie zu bemäkeln gibt. Denn auch davon gibt es viel zu viele als dass es einem nicht auffallen würde.

So verwandelt sich Berulfs Streitaxt zwischen den Szenen plötzlich zu einem Hammer. Man könnte jetzt sagen: „Aha! Aber er hat ja seine Axt im Kampf verloren und hat dann einfach zu einem herumliegenden Hammer gegriffen!“ Wäre ein Argument, wenn dieser Hammer nicht auf einmal für den Rest der Serie seine persönliche Waffe wird und wir die Axt nie wieder sehen.

Aber er ist nicht der einzige, der Waffen verliert – Arminius und Metellus verlieren zwischen einzelnen Schnitten nicht nur ihre Umhänge, sondern ganze Legionäre und Reiter. Arminius Trupp schwankt zwischen den Szenen zwischen vier und sieben Reitern, Metellus nicht mit einberechnet. Auch der Nebel, welcher von den Regisseuren stets liebevoll mit dem Blasebalg in Szenenbild gepumpt wird, verschwinden einfach komplett zwischen den Kamerawechseln.

Und wo wir gerade beim Motzen sind, kommen doch zum Gemetzel, beziehungsweise den Kampfszenen.

Wir haben einige Probleme mit diesen Szenen, wie auch mit dem Rest der Serie. So gilt zunächst einmal die typische Hollywood-Faustregel: Rüstung sieht schön aus, aber tut nichts zur Verteidigung. Jedes germanische Schwert kann ohne Probleme durch römischen Stahl schneiden. Aber die germanische Technologie scheint der römischen ohnehin Jahrtausende voraus zu sein; in der Schlacht setzen die Germanen anscheinend Napalm ein, was bei Tacitus seltsamerweise nicht beschrieben wird. Aber auch die Kampftechnik des germanischen Rückenschlags gibt ihnen einen vulkanischen Charme und Vorteil sowohl gegenüber den Römern als auch den eigenen Leuten. So kommt sie zum ersten Mal vor, als Folkwin Wolfspeer Berulf von hinten mit einem einzigen Knüppelschlag auf den Rücken (!!!) bewusstlos schlägt. Eine weitere eiserne Regel besteht darin, dass jeder Germane jedem Römer im offenen Kampf überlegen ist. Bestes Beispiel: Arminius wird trotz seiner jahrelangen Erfahrung als Kämpfer von Berulf fast getötet. Dass er einen stählernen Muskelpanzer trägt, interessiert den germanischen Barbaren nicht. Er lässt bloß unter der Wolltunika die germanischen Muskeln spielen und haut mit seiner Axt und den bloßen Fäusten zu. Denn der Germane ist stark und unabhängig und kann es deswegen mit jedem Römer im Kampf aufnehmen – es sei denn der Germane heißt Thusnelda.

Aber gut, Berulf hat ja auch den Vorteil, dass seine Axt dazu in der Lage ist, bei Arminius einen tiefen Schnitt zu hinterlassen, obwohl er, wie deutlich in der Szene zu sehen ist, das Axtblatt nur irgendwie hinter seinem Körper eingehakt hat, ohne einen wirklichen Treffer zu landen. Es ist auch kein Zufall, dass die einzigen „wichtigen“ Tötungen die die Römer sich gutschreiben können entweder durch Hinterhalte, Exekutionen oder durch Dolchstöße in die Rücken der im Felde unbesiegten Germanen geschehen.

Da wir gerade schon beim Gemetzel sind, kommen wir doch nun endlich auf die Schlacht zu sprechen. Für fünf Folgen wurde sie aufgebaut, der Trailer bestand quasi nur aus Szenen aus der Schlacht selbst und man hat einen Steve St. Leger von Vikings dafür angeheuert. Und ganz ehrlich: nach fünf Folgen Langeweile hatten wir uns auf die Schlacht gefreut. Selbst das allerstumpfeste Gemetzel konnte doch die Tortur wieder wettmachen, oder?

Nein. Einfach Nein.

Die Schlacht fühlt sich an wie ein Versatzstück gemischt aus Portionen von Vikings, Gladiator und der Terra-X Doku 'Kampf um Germanien' aus 2009, welche die Varusschlacht übrigens deutlich besser und spannender darstellte.

Kurze Pause und Zeit für eine kleine Geschichtsstunde: in was für einem Terrain fand die Schlacht im Teutoburger WALDdenn statt? Und was war die einzige Hoffnung der Germanen, den gepanzerten Koloss der drei römischen Legionen zu besiegen? Wie es Arminius in Episode Fünf und danach noch einmal in einer recycelten Szene in Episode Sechs sagte: die Römer müssen in den Wald gelockt werden, ermüdet und dann durch gezielte Guerilla-Taktik Stück für Stück zermürbt werden. Offenbar hatte Arminius nach der Hälfte von Folge Sechs seine Taktik bereits wieder vergessen, denn nachdem eine Legion, die in der Serie bestenfalls Kohorten-Stärke hatte, in einer sehr gut gemachten, spannenden und sogar historisch einigermaßen korrekten Szene vernichtet wurde, sehen wir, wie die Römer auf einem gewaltigen Feld zwischen zwei Waldstücken stehen und von den Germanen frontal angegriffen werden.

Wir fühlten uns an die Eröffnungsschlacht aus Gladiator erinnert, mit dem Unterschied, dass in dieser Schlacht tatsächlich das geschehen ist, was auch historisch sehr wahrscheinlich passiert wäre: die Germanen werden wortwörtlich auseinandergenommen. Aber nein. Stattdessen bringen sie das germanische Napalm und verwandeln das Schlachtfeld in einen Mosh-Pit. Varus verbringt die Schlacht übrigens damit, zusammen mit seinem Dolmetscher und Adjutanten auf einem Pferd zu sitzen und Löcher in die Luft zu starren. Ähnlich ging es uns, während wir das „Spektakel“ besahen. Nicht einmal Thusneldas erster Kill in der gesamten Serie überzeugt.

Aber nun könnte man sagen: „Ja, Realismus ist doch egal. Hauptsache, es ist spannend.“ Könnte man, in der Tat, wenn so etwas wie Spannung in diesem Kampf existieren würde. Mit Ausnahme der kurzen Hinterhaltsszene, ist die Schlacht ein langweiliger Mischmasch aus wackeliger Kamera, schlecht zusammengeschnitten Einzelaufnahmen und dem mittlerweile für Kriegsfilme obligatorischen brennenden Soldaten, der schreiend vor der Armee herläuft. Schließlich fängt es auch noch an, dramatisch zu regnen. Nicht, dass dieser Regen wie in der Realität irgendeinen Einfluss auf das Kampfgeschehen hat, er dient nur dazu die ganze Szene noch mehr nach Aufnahmen vom letzten Wacken aussehen zu lassen.

Varus Selbstmord wird mit so vielen bildlichen Violen-Klängen wie nur möglich dargestellt – herzzerreißend sieht er seinem Ziehsohn entgegen als er sich die Klinge in den Bauch rammt.

Er bringt sich einfach ohne ein Wort, oder einen bösen Blick auf Arminius um. Wir waren kurz davor dasselbe zu tun.

Die Schlacht endet damit, dass Arminius eine schlechte Rede über Einigkeit und Recht und Freiheit für das Germanische Vaterland hält – obwohl, nein, er hält sie ja nicht am Ende der Schlacht, er spricht sie aus dem Off über den Schlachtszenen, was sämtliche Energie und Spannung die diese Szenen hätten haben können im Keim erstickt.

Die Serie endet mit einem Wolf und einem einsamen Reiter der Varus Kopf davonträgt. Und Folkwin Wolfspeer verspricht Arminius den Tod – aber dazu mehr in Staffel Zwei.

Unser Fazit: schaut die Terra-X Doku. Die ist nicht nur spannender, sondern gibt den Charakteren mehr Nuancen und Tiefen als diese Unterhaltungsserie.

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